Rückzug & Hochsensivität

Rückzug & Hochsensitivität

01. Juni 2025

2010 waren wir einige Wochen als Familie mit einem Camper in Neuseeland unterwegs. Schnell wurde uns Eltern bewusst, dass wir mit unserem hochsensitiven Sohn mindestens 2 Nächte am gleichen Ort übernachten müssen, damit er nicht in eine Art Überforderung kommt. Immer wieder Neues, sich orientieren können, irgendwie ein wenig zur Ruhe kommen.

Sozusagen Abenteuer in verdaubaren Portionen!!! Wir lernten schnell, was er benötigt, damit wir ALLE drei unseren Sabbatical geniessen können:

  • Nicht zu viele Wechsel, lieber mal eine Nacht länger an einem Ort bleiben,
  • genügend Pausen einbauen,
  • den Tag mit ihm vorbesprechen, sodass er eine Art Rahmen hat,
  • abends Ruhephasen und Zeit einplanen, um das Erlebte zu verarbeiten.
  • Und noch vieles mehr.

Mein Mann und ich sind im Moment mit unserem VW-Bus auf Sardinien unterwegs. Unser Sohn ist nicht dabei, dafür unsere hochsensitive Hündin … Dr. Maya Bräm, europäisch diplomierte Verhaltenstierärztin, konnte mit ihrem Team nachweisen, dass es bei Hunden ein ähnliches Persönlichkeitsmerkmal wie bei den Menschen gibt. „Canine Sensory Processing Sensitivity (cSPS)“ nennt sich das. Bei unserer Hündin zeigt sich das cSPS zum Beispiel in neuen Situationen. Meistens bleibt sie dann stehen, hebt den Kopf in die Luft, scheint genau hinzuhören und zu riechen, nimmt alle Informationen auf und entscheidet bzw. handelt dann.

So sind wir also wieder unterwegs und merken, dass unsere hochsensitive Hündin ähnliche Bedürfnisse wie unser Sohn hat …
Vor allem abends: Ruhephasen und Zeit einbauen, um das Erlebte zu verarbeiten. Dies möglichst in einem geschützten Rahmen, ohne zu viel Aufregung und/oder andere Hunde. Sonst reagiert sie sehr schnell genervt und man sieht ihr regelrecht an, dass sie es anstrengend findet und sich nach Rückzug und Ruhe sehnt.

Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie das lesen?

„Hallo, geht es noch? Was die für ihren Sohn, vor allem für ihren Hund so alles machen!“ oder „Wow, was für großartige Erkenntnisse. Darüber habe ich gar nie nachgedacht!“ oder „Solche Ruhe- und Verarbeitungsphasen hätten mir als Kind (oder heute?) auch gutgetan“ oder?

Jetzt ist es nicht so, dass wir ständig in den Ferien oder unterwegs sind. Wie zeigt sich dieses Bedürfnis nach Ruhe- und Verarbeitungsphasen im Arbeitsalltag? Rückblickend ist mir klar, warum ich mich u.a. selbständig gemacht habe.

Ich und mein Nervensystem würden diesen durchgetakteten Arbeitsalltag – wie ich ihn oft in meinen Coachings beschrieben bekomme – gar nicht mehr aushalten.

  • Ist es gesund und förderlich von einer Sitzung/Termin zum nächsten zu hetzen?
  • Wo bleibt da der Raum und Zeit, das Erlebte, das Besprochene, das Gehörte zu verarbeiten?
  • Geschweige denn, wo bleibt die Zeit, sich Gedanken zu machen?
  • Wo bleibt der Raum für Inspiration und neue Ideen?

Das Positive an dieser ganzen Geschichte: Dank unserem Sohn UND dank unserer Hündin, halten wir die Ruhe- und Verarbeitungsphasen wieder viel mehr ein.

Für den Juni wünsche ich Ihnen viele kleine bewusste Pausen & ganz viel FREUDE

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